1998 – Nr. 11

1998 – Nr. 11

 
Peter Richter
Peter Richter
© Archiv Privat

Peter Richter

Zu Gast in der Meisterwerkstatt
Bei Akkordeonreparateur Peter Richter

Es kommt häufig vor, dass Leute auf dem Speicher oder im Keller unerwartet ihr altes Musikinstrument finden. Dann bleibt es oft nicht aus, dass alte Kindheits­erinnerungen wach werden. Ein wenig traurig gestimmt ist mancher dann schon, angesichts der Spuren, die die Zeit daran zurückgelassen hat. Das gute alte Stück, wenn schon nicht mehr zum Spielen, dann doch we­nig­stens es zu erhalten, ist nun oft der sehnlichste Wunsch.
Handelt es sich bei dem Instrument um ein Ak­kordeon, ist der Besitzer gut beraten, den Weg nach Klingenthal anzutreten. Hier hat sich unter anderem Peter Richter mit seiner Akkordeonwerkstatt ei­nen Namen ge­macht. Den gebürtigen Dresdner führte es nicht von ungefähr in unsere Musik­stadt. Auch seine Wurzeln reichen bis in unsere Berge zurück.
Hermann (Harry) Richter besuchte die Musikschule in Graslitz. Das Cellospiel er­lernte er als Hauptfach. Hermann war der achte und jüngste Spross der Richter-Familie aus Chomotau, die später in die unmittelbar an Klingenthal grenzende Ge­­mei­nde Markhausen umsiedelte. Er wur­de Mu­siklehrer und leitete eine Schü­ler- und ei­ne Tanzkapelle. Das alles war noch zu ei­ner Zeit, als es in den vielen Tanz­sälen noch die Tourentänze gab. Wer sich mit einer Partnerin also aufs Parkett wagte, warf etwas Geld in den von der Kapelle aufgestellten Hut. Wer sitzenblieb, zahlte nichts. – Diesen Her­mann Richter verschlug es nach Dresden, als er aus der französischen Kriegsgefangen­schaft zu­rück­kehrte. Dort arbeitete er als Lage­rist im Trans­formator- und Röntgen­werk und wurde bald wieder musikalisch tätig. Er gründete ein ge­mischtes Volks­musik­orche­ster in diesem Betrieb.
1956 wurde dann Peter Richter in diese mu­sisch veranlagte Familie hineingeboren. Beim Vater erlernte er das Akkorde­on­spiel, eine Musikschule hat er nie be­sucht. Sein Be­rufs­wunsch stand aber bald fest: Er wollte Musikinstrumente bauen. In Dresden fand sich allerdings zu dieser Berufs­ausbildung keine Möglichkeit. So kam er 1972 nach Klin­genthal und absolvierte die Lehre zum „Mechaniker für Mu­­sikin­strumen­te“ in der Fachrichtung „Tonzungen“. Danach war er zunächst als Reinstimmer im Klingenthaler Harmo­nikawerk, später dann im Bereich Kun­dendienst tätig.
1992 wagte Peter Richter den Schritt in die Selbständigkeit und arbeitete unter schwierigen Bedingungen im ehemaligen Waschhaus seines Wohnhauses am Mühl­bach­weg – zu­nächst ohne Telefon und mit Schreib­ma­schine ge­schrie­benen Briefen und Wer­beblättern. Obwohl Peter Richter den Meistertitel der Industrie 1982 bereits erworben hatte, absolvierte er 1995 noch die Prüfung zum Handwerksmeister. Im Herbst desselben Jahres verbes­serte sich die Situation zusätzlich mit dem Er­werb des alten „Möckelhäusels“ im Mühl­­bach­weg 10. Die Auftragslage wurde stabiler und sogar ein Altgeselle konnte ein­gestellt werden.
Heute hat Peter Richter einen Kun­denkreis aus der ganzen Bundes­republik – darunter sind so­wohl Privatleute als auch Musik­schulen. Ebenso im benachbarten Ausland, zum Beispiel in Österreich und in Holland, weiß man die Fertigkeiten des Handwerksmeisters zu schätzen. Am weitesten ist wohl ein Kanadier gereist, um die fachliche Hilfe von Peter Richter in Anspruch zu nehmen. Einer der bekanntesten Namen aus seiner Kundenliste war sicherlich Herbert Roth.
Neben dem anfänglich bereits erwähnten Re­staurieren alter Instrumente, vorwiegend aus den 20er und 30er Jahren, zu mehr oder weniger wertvollen Kindheits­erinne­rungen, wollen auch viele die In­strumente wieder spielen. Besonders freut man sich im „Möckelhäusel“, wenn Mar­ken­namen der heimischen Industrie, wie „Meinel & Herold“ oder „Hess“ auf den Akkordeons stehen. Harmonikas, Bando­ne­ons, Konzertinas oder Akkor­deons sind in der Meister­werkstatt in guten Händen. Dabei wird jeder Auf­trag ausgeführt, es kann allerdings passieren, dass es etwas länger dauert, schmunzelt Peter Richter auf dem Weg in das Ver­kaufszimmer im Obergeschoß. Dort warten die verschiedensten Akkor­deons auf Interessenten. Peter Richter läßt sich meist nicht lange bitten, und gibt sein Können auf den In­strumenten zum Besten. Dabei ist er be­sonders stolz auf das MIDI-Akkordeon mit Anlage. Bei seinen Auf­tritten mit der zum Musette-Instrument umgebauten „Welt­­­­­mei­ster – Su­pita“ steht trotz aller technischen Möglich­keiten die vertraute Ak­kor­deon-Klangfarbe im Vordergrund.
Ei­ne neue Herausforderung für Peter Rich­ter, der vielen auch als Mitglied und Solist des Klingenthaler Ak­kordeon­or­chesters bekannt ist. Darüber hinaus sammelt er alles mögliche rund um das Ak­kordeon, Fachliteratur, Noten, Kata­loge und Prospekte von heute und da­mals. Wenn also auch Sie ganz zufällig mal „e alte Quetschkommod“ finden sollten, so wird man sie in der Meister­werk­statt von Pe­ter Richter sicherlich liebevoll wieder herrichten.

© Th. Lenk, Kulturbote 11 (1998)

 

Inhalt Nr. 11

Klingenthal – Stadt der Brücken
Von Thorald Meisel

„Klingenthal und seine Bahn“
Ein neues Video von Rolf Beyer mit einmaligen Aufnahmen der Klingen­thaler Straßen­bahn

Bei Akkordeonreparateur Peter Richter
Ein Blick in die Meisterwerkstatt

Alte Schule neu belebt
Anlässlich der Eröff­nung der „Alten Schule“ in Klingenthal als Restaurant gibt Alexander Böhm einen kleiner geschichtlicher Rückblick

Das Musik- und Wintersportmuseum
Ein Beitrag von Friedrich Herold über die Arbeit des Kuratoriums Heimatmu­seum Klingenthal

Modernstes Bärengehege Ostdeutschlands
Deutschlands größter Grizzlybär zieht mit seiner Familie in ein neues, naturnah gestaltetes Freigehege

Das Hochmoor Soos und der Kammerbühl
Unterwegs mit Horst Meinel bei unseren Nach­barn in Böhmen: Ein Be­such im Naturschutz­ge­biet Soos und am Naturdenk­mal Kammerbühl

Der Champion – Boxer Michael Fickenscher

Galerie: Herbstfreuden
Eine Schülerzeichnung von Sven Köhler, 10 Jahre, aus der Mittelschule am Amtsberg

Heimische Heilpflanzen und ihre Anwendung:
Der Gemeine Wacholder

Die Sonne starb, Gedicht von Albert Jud
Stockschwammezeit, Mundartgeschichte von Hans Wild
Mei Zwote, Mundartgedicht von Max Schmerler

Von Druckfehlern und Fehlerteufelchen
Eine Berichtigung und ein kleiner Exkurs in die Welt des Buchdrucks

Max-Schmerler-Abend im Walfisch, Programmtipp
2. Grubenfest im Besucherbergwerk, Programmtipp
Das „Gambrinus“ lebt!, Neueröffnung

Bauerngeschichten
Thorald Meisel: Kindheitserinnerungen aus dem bäuerlichen Leben

„Wenn de Erdäppelfeierle brenne“, Lesetipp: Aschberger Land Miniatur mit Geschichte von Hans Wild

Kennen Sie noch ...? Die Triola

Programmkalender für die Orte Klingenthal & Zwota
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ISSN 1437-336X
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